Hans Vaihinger (* 25. September 1852 in Nehren bei Tübingen; † 18. Dezember 1933 in Halle (Saale)) war ein bedeutender deutscher Philosoph und renommierter Kant-Forscher. Seine Philosophie, die im Ueberweg als „Idealistisch-pragmatischer Positivismus“ unter einer eigenen, vom Neukantianismus abgegrenzten Rubrik behandelt wird, hat einen bemerkenswerten Einfluss auf die philosophische Landschaft ausgeübt. Vaihinger wird oft als geistiger Vater des „Als-ob-Rahmens“ angesehen, der in seinem Hauptwerk „Die Philosophie des Als Ob“ von 1911 gründlich erläutert wird.
In diesem bahnbrechenden Werk entwickelte Vaihinger den Fiktionalismus als eine Sonderform des idealistischen Positivismus. Der Fiktionalismus basiert auf der Annahme, dass alles, was wir wahrnehmen, letztendlich nur Fiktionen sind. Diese Fiktionen sind Aussagen, von denen wir wissen, dass sie falsch sind, sie jedoch dennoch erfolgreich als Hilfskonstruktionen verwenden, um künftige Erfahrungen vorherzusagen. Diese Fähigkeit zur Vorhersage ermöglicht es uns wiederum, zielgerichtetes Handeln zu entwickeln. Eine grundlegende Frage in Vaihingers Philosophie lautet daher: „Wie erreichen wir oft Richtiges, obwohl wir bewusst falsche Annahmen machen?“
Vaihinger betrachtete diese bewussten Fiktionen als äußerst nützliche Werkzeuge im menschlichen Denken und Handeln. Sie dienen als praktische Orientierungshilfen und ermöglichen es uns, uns in einer komplexen Welt zurechtzufinden und unsere Ziele zu verfolgen. Indem wir bewusst falsche Annahmen machen, schaffen wir eine Art mentalen Rahmen, der uns befähigt, effektiv zu handeln und unsere Erfahrungen in sinnvolle Bahnen zu lenken. Vaihingers Werk hinterlässt uns somit nicht nur eine faszinierende philosophische Perspektive, sondern auch eine ermutigende Botschaft darüber, wie wir unsere Denkprozesse und unser Handeln optimieren können, indem wir bewusst Fiktionen nutzen.